Verkehrsbeschränkungen für Lkw – hilfreich oder hinderlich?

Gemeinsam mit Ramón Valdivia, dem Präsidenten von ASTIC, analysieren wir die Wiedereinführung von Verkehrsbeschränkungen für schwere Nutzfahrzeuge auf europäischen Straßen.

Auch in diesem Jahr haben die meisten europäischen Länder an bestimmten Tagen Fahrverbote für Lkw und schwere Nutzfahrzeuge auf ihren Autobahnen angekündigt. Nach fast zwei Jahren, in denen diese Beschränkungen Änderungen unterlagen, kehren sie 2022 beinahe vollständig auf den Stand von vor der Pandemie zurück.

Das heißt, dass die ansässigen Transport- und Logistikfachleute den Kalender jedes Landes zur Hand haben müssen, um ihre Lkw-Routen so zu planen, dass die Schwierigkeiten beim Umfahren von gesperrten Straßen möglichst minimiert werden. Da es keinen gemeinsamen Rahmen auf europäischer Ebene gibt und in jedem Land je nach Art der Güter, der Gewichtsbeschränkungen usw. unterschiedliche Zeitpläne und Beschränkungen gelten, kann sich jede internationale Route als problematisch erweisen.

 

Warum stellen Beschränkungen im Straßenverkehr immer noch ein Problem für die Transportbranche dar?

immer noch beibehalten werden. Natürlich gibt es Situationen, in denen ein zu hohes Lkw-Aufkommen direkte Auswirkungen auf den Verkehrsfluss auf Hauptverkehrsstraßen hat. Ramón Valdivia, General Manager von ASTIC und seit Januar Vorstandsmitglied des Präsidiums der International Road Transport Union (IRU), weist jedoch darauf hin, dass die Beschränkungen für schwere Nutzfahrzeuge auf einem „falschen Ansatz“ beruhen. Zum einen beeinträchtigen sie die öffentlichen und privaten Investitionen in den Ausbau und die Instandhaltung des Straßennetzes, zum anderen wirken sie sich auf die Fahrzeugflotten und Lager aus, die für die Verteilung von Gütern zuständig sind.

Wie Valdivia darlegt, ist der Straßengüterverkehr für das Funktionieren beinahe aller Wirtschaftsbereiche unabdingbar – von Industrieanlagen über landwirtschaftliche Betriebe, Geschäfte, Häfen und Flughäfen bis hin zu Apotheken, Krankenhäusern usw. Er erinnert auch daran, dass der Ausbau und die Instandhaltung eines funktionierenden Straßennetzes durch Steuern finanziert werden. Mit dieser Infrastruktur stellt die Gesellschaft eines der wertvollsten Güter für die territoriale Strukturierung, den sozialen Zusammenhalt und die Wirtschaft zur Verfügung und schafft damit Wohlstand und Arbeitsplätze.

Weiter hebt er hervor, dass „abgesehen von sporadischen Beschränkungen, die aus unvorhergesehenen Gründen erlassen werden und (aufgrund von Witterungsbedingungen, Demonstrationen oder Wartungsarbeiten) notwendig sind, die meisten Beschränkungen für Lastkraftwagen darauf abzielen, das Aufkommen von Lastkraftwagen auf bestimmten Straßen an bestimmten Tagen wie Wochenenden und Feiertagen zu vermeiden“. Seiner Meinung nach können sie für andere Verkehrsteilnehmer oder für die Bewohner bestimmter Ortschaften zu erheblichen Staus führen.

 

Wie wirkt sich das Fehlen eines gemeinsamen Rahmens für Fahrbeschränkungen auf schwere Lkw aus?

Ramón Valdivia spricht von einem „Paradoxon“, weil dadurch ein gesellschaftliches Gut von so großer wirtschaftlicher Bedeutung wie Autobahnen, Schnellstraßen und andere Hauptverkehrsstraßen zwangsläufig an sehr vielen Tagen im Jahr „ungenutzt“ bleibt. Das betrifft ebenso private Investitionen wie Fahrzeugflotten, die nicht in Betrieb sind, solange die entsprechenden Beschränkungen gelten. Auch hier kommt der fehlende gemeinsame Rahmen ins Spiel, bei dem Regionen mit Fahrbeschränkungen Schwierigkeiten für bestimme Fahrzeuge darstellen. So sind Fahrer gezwungen, im besten Fall große Umwege zurückzulegen oder so lang zu warten, bis die entsprechenden Straßen freigegeben sind.

Der Präsident betont auch, dass durch die Beschränkungen für schwere Nutzfahrzeuge „der Verkehr mit leichten Fahrzeugen (für die nicht dieselben Beschränkungen gelten) begünstigt wird, diese aber natürlich sowohl in wirtschaftlicher als auch in ökologischer Hinsicht im Vergleich zu schweren Lkw viel weniger effizient sind“. So „zeichnen sich Lkw vor allem durch ihre Effizienz aus. Muss ein 3500 kg schwerer MMA-Transporter infolge des Fahrverbots für Lkw an einem Sonntag durch Frankreich fahren, wird daher dem Parameter Effizienz Vorrang vor der Wirksamkeit eingeräumt“.

 

Was ist die Alternative zu den derzeitigen europäischen Verkehrsbeschränkungen?

Für Valdivia liegt die Lösung in der Selbstregulierung. Seiner Meinung nach „sollen die Berufskraftfahrer an den Tagen, an denen das Verkehrsaufkommen groß ist und Staus wahrscheinlich sind, selbst entscheiden, ob es sich lohnt, die Fahrt mit dem Lkw anzutreten und somit gegebenenfalls viel Zeit im Stau zu verbringen und nicht rechtzeitig anzukommen.“ Er schlägt vor, die Entscheidung anhand der wirtschaftlichen Dynamik zu treffen, ob ein bestimmter Lkw an einem bestimmten Tag auf dieser oder jener Straße fahren soll, wie z. B. an Samstagen im Sommer auf Autobahnen, die „oft nicht einmal zu 25 % ausgelastet sind“.

Zugleich ist er diesbezüglich ziemlich skeptisch, da er glaubt, dass „die Behörden nicht bereit sein werden, es so einfach hinzunehmen, wenn die Verkehrsteilnehmer sich nach ihren individuellen Kriterien organisieren“. Seiner Meinung nach tendieren die meisten Behörden dazu, „selbst einzugreifen“. Es wird noch lange dauern, bis Lkw rund um die Uhr und an 365 Tagen im Jahr auf europäischen Straßen unterwegs sein dürfen.

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